Betr.: Betreuungsrecht
Bezug: Mein Schreiben vom 20.06.2012
Sehr geehrte Frau Moser,
die Prüfung Ihrer Eingabe hat zwischenzeitlich Folgendes ergeben:
Im internationalen Vergleich ist das deutsche Betreuungsrecht eines der modernsten Rechtsinstrumente dieser Art. Anstelle von Bevormundung ist mit dem seit 1992 geltenden Betreuungsrecht eine maßgeschneiderte persönliche Betreuung des betroffenen volljährigen Menschen getreten. Das Betreuungsrecht ermöglicht eine Unterstützung des Betreuten in dem jeweils erforderlichen Umfang, ohne die Geschäftsfähigkeit des Betreuten aufzuheben. Das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen wird nur soweit und solange eingeschränkt, wie dies erforderlich ist. Damit kann die Betreuung dazu beitragen, dem Betreuten ein grundsätzlich selbstbestimmtes Leben nach seinen Wünschen und Vorstellungen zu ermöglichen. Gleichzeitig ermöglicht das Betreuungsrecht, Menschen in besonders gefährlichen Situationen zu schützen.
Vor der Bestellung eines Betreuers oder vor Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes, das sind die besonders einschneidenden Verfahren, steht zwingend die persönliche Anhörung des Betroffenen (§ 278 FamFG). Sie dient dazu, dass sich das Betreuungsgericht einen unmittelbaren Eindruck von dem Betroffenen verschafft. Gleichzeitig soll der Betroffene über den Verfahrensablauf informiert werden. Ein frühzeitiger Kontakt zwischen Betroffenem und dem Gericht ermöglicht
die zügige Aufklärung der entscheidungserheblichen Tatsachen. Der Betroffene kann im Rahmen seiner Anhörung gegebenenfalls darlegen, dass eine Betreuung nicht erforderlich ist.
Die Beauftragung eines Rechtsanwalts ist zu jedem Verfahrenszeitpunkt möglich. Die Notwendigkeit für eine gesetzliche Frist und weitergehende Informationspflichten wird nicht gesehen.
Neben der Anhörung ist vor einer Betreuerbestellung eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Notwendigkeit der Maßnahme vorgeschrieben (§ 280 Absatz 1 FamFG). Dadurch soll eine sorgfältige Sachverhaltsaufklärung zu den medizinischen Voraussetzungen einer Betreuerbestellung sichergestellt werden. Da das Ergebnis des Gutachtens für alle weiteren Verfahrensschritte Relevanz hat, muss es zu Beginn des Verfahrens eingeholt werden. Der Sachverständige hat den Betroffenen vor der Erstattung des Gutachtens persönlich zu untersuchen oder zu befragen (§ 280 Absatz 2 FamFG). Verweigert der Betroffene die Untersuchung, kann das Gericht anordnen, dass der Betroffene zur Vorbereitung eines Gutachtens untersucht und durch die zuständige Behörde zu einer Untersuchung vorgeführt wird (§ 283 Absatz FamFG). Zur Sicherung der Verfahrensrechte des Betroffenen soll er auch vor der Vorführung persönlich angehört werden. Die Vorgaben des Verfahrensrechts stellen sicher, dass ein Eingriff in die Rechte der Betroffenen in jedem Fall einer Entscheidung des Gerichts bedarf.
Auch im weiteren Verfahren existieren eine Reihe von Schutzvorkehrungen für den Betroffenen (insbesondere die Anhörung von nahestehenden Personen und der Betreuungsbehörde, sowie die Bestellung eines Verfahrenspflegers).
Von einer Unvereinbarkeit des deutschen Betreuungsrechts mit der EU-Menschenrechtskonvention und dem EU-Vertrag nach der internationalen und europarechtlichen Rechtsprechung ist daher nicht auszugehen.
Nach Prüfung aller Gesichtspunkte kommt der Ausschussdienst zu dem Ergebnis, dass eine Umsetzung Ihres Anliegens angesichts der gegenwärtigen Handlungsprioritäten auf diesem Gebiet ausgeschlossen erscheint.
Sofern Sie keine entscheidungserheblichen Bedenken gegen die inhaltliche
Bewertung Ihrer Eingabe vortragen, wird den Abgeordneten des Petitionsausschusses in sechs Wochen vorgeschlagen werden, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil Ihrem Anliegen nicht entsprochen werden kann. Folgen der Ausschuss und das Plenum des Deutschen Bundestages diesem Vorschlag, erhalten Sie keinen weiteren Bescheid.
Weil Ihre Petition nicht den gewünschten Erfolg haben wird, sieht der Ausschuss von einer Veröffentlichung auf der Internetseite des Petitionsausschusses ab. Diese Entscheidung erfolgte auf der Grundlage der „Richtlinie für die Behandlung von öffentlichen Petitionen" (Pkt. 4e) gemäß Ziffer 7.1 (4) der Verfahrensgrundsätze, die unter www.bundestag.de/Petitionen veröffentlicht sind.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
xxx (Vorname Zuname)
|