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Beschluss vom Oberlandesgericht Karlruhe vom 16.11.2020
Eingang bei Anwalt 16: 18.11.2020, bei
Moser 01.12.2020
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Abschrift mit eigener Struktur und Hervorhebungen von G. Moser
Aktenzeichen:
9 W 43/20
3 S 191/18 LG Freiburg im Breisgau
Oberlandesgericht Karlsruhe
ZIVILSENATE IN FREIBURG
9. ZIVILSENAT
Beschluss
In Sachen
Gertrud Moser, ....., 79589 Binzen
- Klägerin und Beschwerdegegnerin -
Prozessbevollmächtigte;
Rechtsanwälte ... Anwalt 16 ....Offenburg, Gz.: ................
gegen
Anwalt 12, ................, 795... Lörrach
- Beklagter und Beschwerdeführer -
Prozessbevollmächtigter:
Anwalt 12, ..............., 795... Lörrach
wegen Forderung
hier: Beschwerde
hat das Oberlandesgericht Karlsruhe - 9. Zivilsenat - durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Platten, Richterin am
Oberlandesgericht Gissler und Richterin am Oberlandesgericht Coen
am 16.11.2020 beschlossen:
Die Beschwerde des Beklagten gegen den Streitwertbeschluss des
Landgerichts Freiburg vom 18.02.2020 - 3 S 191/18 - wird
zurückgewiesen.
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9 W 43/20
- 2 - Gründe:
I.
Der Beklagte wendet sich mit seiner Beschwerde u.a. gegen die
Streitwertfestsetzung für die zweite Instanz durch das Landgericht
Freiburg als Berufungsgericht.
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1. |
In erster Instanz hat die Klägerin den Beklagten auf Rückzahlung
geleisteter Anwaltsvergütung in Höhe von 2.163,02 € in Anspruch
genommen.
Der Beklagte hat sich damit verteidigt, die Klägerin habe die
geleistete Anwaltsvergütung geschuldet, so dass ihr kein
Rückzahlungsanspruch zustehe.
Hilfsweise hat er mit einem Schadensersatzanspruch wegen
Rufschädigung durch falsche Verdächtigung in Höhe von 4.977,00 € sowie
mit verschiedenen weiteren Anwaltsvergütungsansprüchen in Höhe von
275,00 €, 262,40 € und 279,00 aufgerechnet (I, 337).
Das Amtsgericht Lörrach hat die Klage durch Urteil vom
03.07.2018 - 3 C 458/18 - abgewiesen, ohne über die hilfsweise
zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen des Beklagten zu
entscheiden.
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2. |
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin fristgerecht bei dem
Landgericht Freiburg Berufung eingelegt (Az. 3 S 191/18). Der Beklagte
ist der Berufung entgegen getreten, wobei er zunächst mit am 30.08.2018
beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz beantragt hat, ihm für
die Rechtsverteidigung in zweiter Instanz Prozesskostenhilfe für eine
beabsichtigte Widerklage zur Geltendmachung der weiteren
Anwaltsvergütungsansprüche in Höhe von 816,40 € zu gewähren, mit denen
er in erster Instanz hilfsweise aufgerechnet hatte (II, 77).
Mit Schriftsatz vom 14.09.2018 hat er ergänzend auf die Berufung
erwidert und die hilfsweise bereits in erster Instanz erklärte
Aufrechnung mit der Schadensersatz- und den Anwaltsvergütungsforderungen
ausdrücklich aufrechterhalten (II, 133).
Mit Schriftsatz vom 05.10.2028 hat die Klägerin ihre Berufung
begründet und beantragt, das Urteil
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des Amtsgerichts Lörrach abzuändern und den Beklagten zur Zahlung in
Höhe von 732,99 nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit
Rechtshängigkeit zu verurteilen. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom
12.10.2018 (II, 263) erklärt, angesichts der Beschränkung der Berufung
und der damit eingetretenen Teilrechtskraft des klageabweisenden Urteils
des Amtsgerichts Lörrach verzichte er in der Berufungsinstanz auf die
Erhebung der angekündigten Widerklage.
In der mündlichen Verhandlung vom 30.01.2020 haben die Parteien einen
Vergleich dahingehend geschlossen, dass sich der Beklagte verpflichtet
hat, zur Abgeltung sämtlicher gegenseitiger und wechselseitiger
Ansprüche an die Klägerin 360,00 € in monatlichen Raten von jeweils
90,00 zu zahlen. Die Kostenentscheidung haben die Parteien gern. § 91a
ZPO der Kammer überlassen.
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3. |
Durch Beschluss vom 18.02.2020, Az. 3 S 191/18, hat das Landgericht
Freiburg eine Kostenentscheidung gern. § 91a ZPO getroffen und den
Streitwert für die erste Instanz auf 2.163,02 und für die zweite
Instanz auf 2.282,38 festgesetzt. Zur Begründung der
Streitwertfestsetzung für die zweite Instanz hat das Landgericht
Freiburg ausgeführt, gem. § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 45 Abs. 3 und
4 GKG sei der von der Klägerin angefochtene Teilbetrag in Höhe von
732,99 € mit den durch den Beklagten hilfsweise zur Aufrechnung
gestellten Gegenforderungen zu addieren, wobei jede Gegenforderung bis
zur Höhe der Klageforderung zu berücksichtigen sei. Zur Klageforderung
sei damit ein Betrag in Höhe von 732,99 € + 275,00 € + 262,40 + 279,00
€, insgesamt ein Betrag in Höhe von 1.549.39 € zu addieren.
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4. |
Gegen die Streitwertfestsetzung für die zweite Instanz hat der Beklagte
mit Schriftsatz vom 05.03.2020 (I, 433) Beschwerde eingelegt. Zur
Begründung seiner Beschwerde trägt der Beklagte vor, die Klägerin als
alleinige Rechtsmittelführerin habe gegen die erstinstanzliche
Entscheidung nur insoweit Berufung eingelegt, als ihre Klage in Höhe von
732,99 abgewiesen worden sei.
Deshalb könne auch der Streitwert gern. § 47 GKG nur in dieser Höhe
festgesetzt werden. Nachdem das Amtsgericht Lörrach über seine zur
Aufrechnung gestellten Gegenforderungen nicht entschieden habe, seien
diese Forderungen |
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nicht Gegenstand der Güteverhandlung und des Vergleichs im
Berufungsverfahren gewesen. Durch Beschluss vom 21.07.2020, Az. 3 S
191/18, hat das Landgericht Freiburg der Streitwertbeschwerde des
Beklagten aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht
abgeholfen und dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
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5. |
Mit Schriftsatz vom 18.02.2020 hat der Beklagte parallel hierzu auch
eine Beschwerde gegen die Kostengrundentscheidung aus dem Beschluss vom
18.02.2020 eingelegt. Mit Beschluss vom 21.07.2020, Az.: 3 S 191/18,
hat das Landgericht Freiburg sowohl die sofortige Beschwerde als auch
die Gegenvorstellung gegen die Kostengrundentscheidung nach § 91a ZPO
als unzulässig verworfen.
Hiergegen wandte sich der Beklagte erneut mit der Beschwerde an das
Landgericht Freiburg.
Mit Beschluss vom 30.07.2020, Az. 3 S 191/18, hat das Landgericht
Freiburg sodann u.a. den Rechtsbehelf gegen die Verwerfung der
Gegenvorstellung als unzulässig verworfen.
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6. |
Mit Schriftsatz vom 03.08.2020 erneuerte der Beklagte dann im
Beschwerdeverfahren mit Blick auf den Nichtabhilfebeschluss des
Landgerichts gegenüber dem Senat seine Beschwerde gegen die Festsetzung
des Streitwerts, forderte nun aber zusätzlich noch eine Änderung der
Kostengrundentscheidung aus dem Beschluss vom 18.02.2020. Im
Beschwerdeverfahren trägt der Beklagte ergänzend vor, die
Streitwertfestsetzung für die zweite Instanz beruhe auf einem
Additionsfehler, die Berufungsforderung der Klägerin in Höhe von 732,99
sei aus nicht nachvollziehbaren Gründen verdoppelt worden.
Mit Schriftsatz vom 26.09.2020 (II, 33 ff.) hat der Beklagte weiter
geltend gemacht, die Streitwertfestsetzung für die zweite Instanz sei
auch deshalb falsch, weil die Klägerin parallel zum hiesigen Verfahren
vor dem Amtsgericht Lörrach im Jahr 2018 eine weitere Klage in Höhe von
3.000.00 € gegen ihn erhoben habe, die durch rechtskräftiges Urteil vom
03.07.2018, Az. 3 C 449/18, als unzulässig abgewiesen worden sei.
Nachdem die Klägerin gem. § 2 des Vergleichs vom 30.01.2020
auch auf die im Verfahren des Amtsgerichts Lörrach (Az.: 3 C 449/18)
geltend ge-
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machte Forderung in Höhe von 3.000,00 € verzichtet habe, sei auch diese
Forderung bei der Streitwertfestsetzung zu berücksichtigen.
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II.
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1. |
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Streitwertfestsetzung des
Landgerichts als Berufungsgerichts ist gern. § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG
statthaft (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17.08.2006 - 15 W 36/06 -
zitiert nach juris).
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2. |
a. |
Soweit der Beklagte mit der Beschwerde das Ziel verfolgt, den Streitwert
auf 732,99 € herabzusetzen, ist sie auch zulässig. Die Beschwerde
wurde fristgerecht eingelegt, § 68 Abs. 1 Satz 3 GKG i.V.m. § 63 Abs. 3
Satz 2 GKG. der erforderliche Beschwerdewert von 200,00 ist erreicht. §
68 Abs. 1 Satz 1 GKG.
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b. |
Nicht zulässig ist die Beschwerde dagegen, soweit der Beklagte in der
Beschwerdeinstanz erstmals geltend macht, der Streitwert für die zweite
Instanz sei im Hinblick auf eine weitere Forderung der Klägerin um
3.000,00 € zu niedrig festgesetzt worden. Der Beklagte hat die
Beschwerde im eigenen Namen eingelegt.
Er kann daher als Beschwer geltend machen, dass das Landgericht den
Streitwert zu hoch festgesetzt hat.
Nicht beschwert ist er dagegen dadurch, dass das Landgericht aus
seiner Sicht im Hinblick auf eine weitere Forderung der Klägerin den
Streitwert bzw. einen ggfs. zu berücksichtigenden Vergleichsmehrwert um
3.000,00 € zu niedrig festgesetzt hat.
Insoweit fehlt es der Beschwerde am erforderlichen
Rechtsschutzinteresse (vgl. BGH BeckRS 2012, 03303; BGH NJW-RR 1986,
737).
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3. |
Soweit die Beschwerde des Beklagten zulässig ist, ist sie nicht
begründet.
Mit zutreffender Begründung, die sich das Beschwerdegericht nach eigener
Prüfung vollumfäng-
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lich zu Eigen macht, hat das Landgericht den Streitwert für das
Berufungsverfahren auf 2.282,38 festgesetzt. Nachdem der Kläger im
Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 14.09.2018 (II, 133) ausdrücklich
die hilfsweise bereits in erster Instanz erklärte Aufrechnung mit der
Schadensersatz- und den Anwaltsvergütungsforderungen aufrechterhalten
hatte und diese Forderungen durch den Vergleich vom 30.01.2020
miterledigt wurden, waren die hilfsweise zur Aufrechnung gestellten
Gegenforderungen - jeweils jedenfalls bis zur Höhe der Klageforderungen
- gern § 45 Abs. 4, Abs. 3 GKG streitwerterhöhend zu berücksichtigen, da
sie nach dem Inhalt des Vergleichs miterledigt werden sollten (vgl.
Hartmann/Toussaint, Kostenrecht, 50. Auflage 2020, § 46 GKG Rn. 53 m.w.N.).
Dass der Beklagte seine im Hinblick auf weitere
Anwaltsvergütungsforderungen in Höhe von 816,40 € zunächst angekündigte
Widerklage in der Berufungsinstanz nicht weiter verfolgt hat, führt zu
keinem anderen Ergebnis.
Denn aus der Tatsache, dass diese Forderungen nicht im Wege der
Widerklage verfolgt werden, kann nicht geschlossen werden, dass damit
auch die hilfsweise erklärte Aufrechnung entfallen soll.
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4. |
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet
(§ 68 Abs. 3 GKG).
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III.
Soweit der Beklagte mit Schriftsatz vom 03.08.2020 gegenüber dem
Senat eine Änderung der Kostengrundentscheidung aus dem Beschluss vom
18.02.2020 fordert, ist eine Entscheidung des Senats nicht geboten. Die
Akte wird insoweit ohne Entscheidung an das Landgericht Freiburg zur
weiteren Bearbeitung zurückgereicht.
Gegen Beschlüsse, die das Landgericht im Berufungs- und
Beschwerdeverfahren trifft, kommt nach § 567 Abs. 1 ZPO die sofortige
Beschwerde nicht in Betracht,
sondern es findet nach § 574 Abs. 1 ZPO nur die Rechtsbeschwerde zum
Bundesgerichtshof statt (vgl. HeRler in Zoller, ZPO, 33. Auflage, § 567
Rn. 37 m.w.N.).
Mit Blick auf den Grundsatz der Meistbegünstigung wäre die
Beschwerdeschrift des Klägers insoweit ggfs. als Rechtsbeschwerde
auszulegen bzw. in eine solche umzudeuten (vgl. Heßler in Zöl-
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- 7 - ler. ZPO, 33. Aufl., Vorbem. § 511 Rn. 29 ff,], was eine Vorlage
an den Bundesgerichtshof zur Folge hätte.
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Platten
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Gissler
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Coen
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Vorsitzender Richter
am Oberlandesgericht |
Richterin
am Oberlandesgericht |
Richterin
am Oberlandesgericht |
Beglaubigt
Freiburg, 17.11.2020x................
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt - ohne
Unterschrift gültig
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GM-Kommentar: Dieser Beschluss ist nicht so einfach zu
verstehen. |
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