- 2 - Gründe:
I.
Der 19... geborene Antragsteller ist seit vielen
Jahren bei der Antragsgegnerin als Rechtsanwalt zugelassen.
Er wurde im Jahr 2015 von Frau Gertrud Moser mit der
Prozessführung in Verwaltungsrechtssachen mandatiert, allerdings
entzog ihm diese mit Schreiben vom 11.11.2015 die erteilte
Vollmacht. was der Antragsteller aber nach § 105 BGB für nichtig
hielt.
In der Folge wurde der Antragsteller im Verfahren
1 S 493/16 des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch
Verfügung vom 12.11.2015 als Prozessbevollmächtigter
ausgeschlossen.
Mit Schriftsatz vom 29.03.2016 erhob er im genannten
Verfahren „für die Klägerin" / „im wahrgenommenen Interesse der
Mandantin (Klägerin)" (vorsorglich) Kostenerinnerung.
Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 03.05.2016
(BA/39/2016 — AS 3 ff.) ist auf eine Beschwerde der Frau Gertrud
Moser vom 15.02.2016 gegen den Antragsteller wegen Verstoßes
gegen § 43 BRAO eine Rüge ausgesprochen worden, weil er trotz
Fehlens einer Bevollmächtigung durch Frau Moser für jene (weiter)
tätig war.
Nachdem ihm mit Schreiben der Antragsgegnerin vom
11.05.2016 ein Schreiben der Beschwerdeführerin vom 05.04.2016
nachträglich übermittelt worden war, nahm der Antragsteller mit
Schreiben vom 24.05.2016 seinen gegen den Rügebescheid erhobenen
Einspruch zurück.
Der Senat hat mit Beschluss vom 05.07.2017 (AGH
17/2017 II) den (ersten) Antrag des Antragstellers auf Gewährung
von Prozesskostenhilfe für eine auf die Wiederaufnahme des
Rügeverfahrens zielende Klage und mit Beschluss vom 22.12.2017
(AGH 37/2017 II) ein weiteres Prozesskostenhilfegesuch wegen eines
Antrags auf Wiedereinsetzung zur Wiederaufnahme des Rügeverfahrens
zurückgewiesen, weil weder die Voraussetzungen von § 51 noch
diejenigen von § 48 Abs. Satz 1 VwVfG vorlagen.
Im Oktober 2018 hat der Antragsteller bei der
Antragsgegnerin beantragt über die Aufhebung der unanfechtbaren Rüge
(...) zu entscheiden und das Beschwerdeverfahren einzustellen", weil
zwei Forderungsklagen der Frau Moser auf Rückzahlung von Honoraren
inzwischen vom Amtsgericht abgewiesen worden sind.
Diesen Antrag hat der Vorstand der Antragsgegnerin
mit Bescheid vom 23.11.2018 abgelehnt. Hiergegen
- 3 -
hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom
06.12.2018 Widerspruch eingelegt und beim Senat einen (dritten)
Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt. Der Senat hat diesen mit
Beschluss vom 05.02.2019 (AGH 26/2018 II) zurückgewiesen, weil
das Widerspruchsverfahren noch nicht abgeschlossen sei.
Im vorliegenden Verfahren beantragte der
Antragsteller unter Bezugnahme auf seinen Vortrag im Verfahren AGH
26/2018 II zunächst am 18.04.2019 Prozesskostenhilfe für eine
Untätigkeitsklage, weil die Antragsgegnerin noch nicht über
seinen Widerspruch vom 06.12.2018 entschieden habe.
Mit Schriftsatz vom 14.05.2019 bat der
Antragsteller, "den Beschluss des II. Senats vom 05.02.2019
aufzuheben und das Verfahren mit dem neuen Verfahren (...) zu
verbinden", weil der Gesamtvorstand der Antragsgegnerin bereits am
14.12.2018 (ablehnend) über seinen Widerspruch entschieden hatte,
obwohl die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 18.12.2018 im
Verfahren AGH 26/2018 vorgetragen hatte. ..das Vorverfahren ist noch
nicht durchgeführt".
Die Antragsgegnerin erklärt diesen - unstreitig
gestellten - Ablauf damit, dass bei der Prüfung der ausgefertigten
Entscheidung des Gesamtvorstandes Fehler bemerkt worden seien und
das Schreiben zur Korrektur im Dokumentenmanagement-System in die
Sachbearbeitung zurückgegeben worden sei.
Wegen mehreren langfristigen Erkrankungen und
Ausfällen von Mitarbeitern sei die Entscheidung dem
Antragsteller dann erst am 14.05.2019 zugestellt worden.
Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Untätigkeitsklage bestehe (jetzt
aber) nicht (mehr).
Der Antragsteller erstrebt (weiterhin) ein
Wiederaufgreifen des Rügeverfahrens BA/39/2016 und verweist darauf,
dass die Antragsgegnerin (unstreitig) zwei andere
Beschwerdeverfahren der gleichen Beschwerdeführerin (BA/265/2015 und
BA/239/2017) gegen ihn eingestellt hat.
Im Tatbestand zweier (jedoch nicht vorgelegter)
zivilrechtlicher Urteile vom 03.07.2018 des Amtsgerichts Lörrach auf
Klagen der Beschwerdeführerin (3 C 458/18 wegen ungerechtfertigter
Bereicherung und 3 C 449/18 wegen anwaltlicher Schlechtleistung,
Gebührenüberhebung und Persönlichkeitsverletzung) sei zum einen die
Mandatszeit von 10 Monaten (vom 30.01.2015 bis 12.11.2015) und
außerdem festgestellt, dass (unstreitig) die Beschwerdeführerin am
- 4 -
27.01.2016 selbst vor dem Verwaltungsgericht
Freiburg (4 K 2170/15 und 4 K 2449/15) verhandelt hat, ohne dass die
Beschwerdeführerin dies dem Antragsteller oder der Antragsgegnerin
(im Rahmen des Beschwerdeverfahrens) mitgeteilt hat.
Nach seiner Ansicht sei seine
(..verhängnisvolle) Rücknahme des Einspruchs gegen den Rügebescheid
unschädlich, weil es sich bei den Eingaben der Beschwerdeführerin
vom 15.02.2016 bis 05.04.2016 um eine unzulässige Rechtsausübung
gehandelt habe.
Solange darüber nicht negativ rechtskräftig
entschieden sei, könne der rechtswidrige Rügebescheid vom 03.05.2016
nach § 48 Abs. 1 VwVfG abgeändert und aufgehoben werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und
Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien
nebst den Anlagen Bezug genommen.
Der zulässige Antrag auf Gewährung von
Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen. weil die beabsichtigte
Rechtsverfolgung des Antragstellers keine Aussicht auf Erfolg bietet
(§§ 112c Abs. 1 BRAO, 166 VwGO, 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
1.
Die vom Antragsteller beabsichtigte Rechtsverfolgung
hat keine Aussicht auf Erfolg, weil der Rügebescheid der Beklagten
vom 03.05.2016 nicht rechtswidrig ist.
Weder liegen die Voraussetzungen für eine Rücknahme
des Verwaltungsaktes nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG vor noch hat der
Antragsteller Anspruch auf dessen Aufhebung nach § 51 VwVfG wegen
einer Veränderung der dem Verwaltungsakt zugrundeliegenden Sachlage.
a)
Der Antrag auf Aufhebung des Senatsbeschlusses vom 05.02.2019 (AGH
26/2018) und eine Verbindung mit dem gegenständlichen Verfahren ist
nicht begründet. weil bei
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einer veränderten Sachlage — hier die
zwischenzeitliche Bekanntgabe durch Zustellung der bereits am
14.12.2018 erfolgten Widerspruchsentscheidung durch die
Antragsgegnerin — der erneute Antrag auf Bewilligung von
Prozesskostenhilfe statthaft ist und diesem Antrag nicht wegen der
Ablehnung durch den Beschluss vom 05.02.2019 das
Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
b)
Das zunächst als Untätigkeitsklage bezeichnete Begehren des
Antragstellers ist nach zwischenzeitlich erfolgter Entscheidung über
seinen Widerspruch — so zu verstehen, dass er (weiter) die Aufhebung
der von der Antragsgegnerin ihm gegenüber am 03.05.2016 erteilten
Rüge erstrebt.
c)
Der Rügebescheid vom 03.05.2016 ist durch die vom Antragsteller mit
Schreiben vom 24.05.2016 „aus verfahrenstaktischen Gründen"
erklärten Einspruchsrücknahme zwar unanfechtbar geworden, was aber
weder einer Rücknahme noch einer Aufhebung entgegensteht, wenn es
sich um einen rechtswidrigen Verwaltungsakt (§ 48 VwVfG) handelt
oder sich die dem Verwaltungsakt zugrundeliegende Sachlage geändert
(§ 51 VwVfG) hat.
Weil diese Voraussetzungen jedoch nicht vorliegen,
hat das Begehren des Antragsstellers keine Aussicht auf Erfolg.
2.
Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist der
Rügebescheid nicht rechtswidrig. wobei sich die Prüfung insoweit auf
dessen objektive Ergebnisrichtigkeit bezieht (VGH Mannheim, BeckRS
2017, 137378) und sich nach den zu § 113 Abs. 1 VwGO entwickelten
Grundsätzen (mit Ausnahme der dort erforderlichen Rechtsverletzung)
richtet.
a)
Zunächst scheidet ein formeller Mangel durch eine Verletzung des
rechtlichen Gehörs des Antragstellers aus, obwohl nicht aufgeklärt
werden kann, ob ihm das im Rügebescheid als „bereits zugeleitet"
bezeichnete Schreiben der Beschwerdeführerin vom 05.04.2016 vor der
Rüge übermittelt wurde.
Der Antragsteller hat den (zwischenzeitlichen)
Erhalt dieses Schreiben aber am 13.05.2016 bestätigt und „auf
weiteres nachgeholtes Gehör" verzichtet. Damit ist ein möglicher
formaler Mangel noch vor der
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mit Schreiben des Antragstellers vom 24.05.2016
erklärten Rücknahme seines Einspruchs geheilt worden.
b)
Für die Beurteilung der materiellen Rechtmäßigkeit ist zunächst
unerheblich, dass die Antragsgegnerin zwei andere von der gleichen
Beschwerdeführerin und aus dem gleichen Mandatsverhältnis gegen den
Antragsteller eingeleitete Beschwerdeverfahren (BA/265/2015 und
BA/239/2017) eingestellt hat.
Diese Einstellungen haben keine präjudizielle
Wirkung für die Rechtmäßigkeit der ausgesprochenen Rüge.
c)
Entgegen der Ansicht des Antragstellers lässt sich aus den vorgetragenen
Tatbestandsfeststellungen in den beiden Urteilen des Amtsgerichts
Lörrach vom 03.07.2018 kein Rückschluss auf eine Rechtwidrigkeit der
ausgesprochenen Rüge ableiten.
Nach § 43 Satz 1 BRAO hat der Rechtsanwalt seinen
Beruf gewissenhaft auszuüben.
Die Antragsgegnerin verwies in der Begründung des
Rügebescheids zutreffend auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs
vom 03.11.2014 (AnwSt (R) 5/14), dass zivilrechtliche Pflichten, die
den Rechtsanwalt im Rahmen seiner Berufsausübung treffen, in
Verbindung mit § 43 BRAO Berufspflichten sein könnten und dass ein
grober Verstoß gegen eine solche Pflicht, welcher die äußere Seite
der Anwaltstätigkeit betreffe und mit gewissenhafter Berufsausübung
und mit der Stellung des Rechtsanwalts nicht mehr vereinbar sei,
auch einen Verstoß gegen § 43 BRAO darstelle.
Die Befugnis des Rechtsanwalts zur Vertretung des
Mandanten sei als Kernfrage der Berufsausübung anzusehen.
Gegen die Pflicht ohne eine solche Befugnis nicht
für den Mandanten aufzutreten. habe der Antragsteller objektiv
gesehen grob verstoßen.
Dies sei auch schuldhaft erfolgt, weil der
Antragsteller durch den Vorsitzenden der Beschwerdeabteilung darauf
hingewiesen worden sei, dass eine Zustellungsvollmacht im
Verwaltungsprozess nicht fortwirke. er aber die Beschwerdeführerin
weiter vor dem Verwaltungsgericht vertreten habe.
Der Senat folgt dieser Einschätzung.
Diese Bewertung wird durch die inzwischen ergangenen
zivilrechtlichen Urteile des Amtsgerichts nicht berührt oder gar in
Frage gestellt. Denn der vom Antragsteller genannte Mandatszeitraum
(vom 30.01.2015 bis 12.11.2015) hat hierfür ebenso keine Bedeutung
wie der Umstand, dass die Beschwerdeführerin in zwei Verwaltungspro-
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zessen am 27.01.2016 ohne Vertretung durch den Antragsteller selbst
vor dem Verwaltungsgericht aufgetreten ist.
Auch der Umstand, dass der Antragsteller und die
Antragsgegnerin dies erst später erfahren haben, steht der
getroffenen Feststellung einer groben Verletzung der Pflicht zur
gewissenhaften Ausübung des Berufs als Rechtsanwalt nicht entgegen.
Dass die Beschwerdeführerin ihr eigenes Auftreten
vor dem Verwaltungsgericht dem Antragsteller und auch (im Rahmen
der vorgebrachten Beschwerden) der Antragsgegnerin nicht
mitteilte, stellt keine unzulässige Rechtsausübung dar.,
weil keine entsprechende Pflicht zur Offenlegung ihres Verhaltens
nach erfolgter Beendigung des Mandats mit dem Antragsteller
erkennbar ist.
d)
Die Voraussetzungen einer Aufhebung des Verwaltungsaktes nach § 51
VwVfG liegen nicht vor, weil keine nachträgliche Veränderung der
Sachlage zugunsten des Antragstellers vorliegt.
Denn der der Rüge zugrundeliegende Vorwurf ist
unabhängig davon, dass die Beschwerdeführerin ohne Vertretung durch
den Antragsteller selbst vor dem Verwaltungsgericht auftrat.
Dass der Antragsteller (auch) die Termine am
27.01.2016 in Vertretung der Beschwerdeführer wahrgenommen habe,
wurde ihm im Rügebescheid nicht vorgeworfen.
Die zivilrechtlichen Urteile enthalten daher
keine Feststellungen zu — im Hinblick auf die Rüge — einer zu
Gunsten des Antragstellers entscheidungserheblich veränderten
Sachlage.
Der Senat braucht deswegen nicht zu prüfen, ob die
Antragsfrist von drei Monaten ab der Kenntnis vom Grund für das
Wiederaufgreifen (§ 51 Abs. 3 VwVfG) eingehalten ist; da die
amtsgerichtlichen Urteile vom 03.07.2018 datieren, bestehen auch
hieran erhebliche Zweifel.
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. BGH,
Beschluss vom 04.09.2012 - AnwZ (B) 3/12, juris).
Bunk Melchinger |