Rechtsanwaltskammer Freiburg
Beschwerdeabteilung III
Rechtsanwaltskammer Freiburg • PF 1369 •
79013 Freiburg
03.05.2016/...
Persönlich/Vertraulich
Herrn Rechtsanwalt
Anwalt 12
......str.
7....... Lörrach
Beschwerde der Frau Gertrud Moser, .....str...., 79589
Binzen vom 15.02.2016 BA/.../16
Sehr geehrter Herr Kollege Anwalt 12
der zuständigen Beschwerdeabteilung wurden erneut die
Vorgänge aufgrund Schreibens der Frau Moser vom 15.02.2106 in
Verbindung mit Ihrem beigelegten Schreiben vom 04.02.2016
übermittelt.
Danach ging noch das Schreiben vom 05.04.2016 der Frau Moser
zu, welches Ihnen ebenfalls mit der Bitte um kurzfristige
Stellungnahme zugeleitet wurde.
Es ergeht folgende Entschließung:
gegen Sie wird wegen Verstoßes gegen § 43 BRAO eine
R ü g e
verhängt.
Begründung:
In der ersten Entscheidung der Beschwerdeabteilung war noch
festgehalten worden, bei den Eingaben der Frau Moser habe es
sich im Wesentlichen um solche Vorgänge gehandelt, die sich im
zivilrechtlichen und gegebenenfalls haftungsrechtlichen Bereich
bewegen. Daran hält die Beschwerdeabteilung nach ergänzender
Würdigung Ihres Verhaltens nicht fest:
Der Bundesgerichtshof hat in BGH AnwSt (R) 5/14 entschieden,
dass eine Berufspflicht zu Herausgabe von Handakten besteht. Er
argumentiert dabei wie folgt: "Zivilrechtliche Pflichten, die
den Rechtsanwalt im Rahmen seiner Berufsausübung treffen können
in Verbindung mit § 43 BRAO eine Berufsplicht sein, wenn es sich
um grobe Verstöße handelt, welche die äußere Seite der
Anwaltstätigkeit betreffen, und mit gewissenhafter
Berufsausübung und mit der Stellung des Rechtsanwalts nicht mehr
vereinbar sind (Feuerich, aaO Rn 24)."
Der Bundesgerichtshof folgert in der zitierten Entscheidung
vom 03.11.2014 aus der Tatsache, dass in § 50 Abs. 3 BRAO ein
Zurückbehaltungsrecht geregelt ist, dass auch der
Herausgabeanspruch berufsrechtliche Qualität haben müsse.
Die Argumentation gilt erst recht für die Frage, ob eine
Mandatsbeendigung seitens des Mandanten durch den Rechtsanwalt
zu beachten und für diesen bindend ist, insbesondere liegt auch
ein grober Pflichtverstoß vor:
Die Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) bestimmt in §§ Abs. 3,
dass jedermann im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften das Recht
hat, sich in Rechtsangelegenheiten aller Art durch einen
Rechtsanwalt seiner Wahl beraten und vor Gerichten,
Schiedsgerichten oder Behörden vertreten zu lassen. Der
Rechtsanwalt wird also (nur) als Vertreter des Mandanten tätig,
die Rechtsangelegenheiten des Mandanten werden dadurch nicht
seine eigenen Angelegenheiten.
Sie aber setzen sich über den Willen Ihrer Mandantin hinweg
als handle es sich um Ihre eigene Angelegenheiten.
Das Bürgerliche Gesetzbuch regelt in den §§ 164 ff BGB das
Recht der Vollmacht und die Wirkungen des Handelns für Dritte.
Zu diesen Regeln gehört auch §168 BGB, der das Erlöschen der
Vollmacht den Regeln des ihrer Erteilung zugrunde liegenden
Rechtsverhältnisses unterwirft und den Grundsatz der
Widerruflichkeit enthält.
§ 179 BGB knüpft an das Handeln ohne Vertretungsmacht einen
besonderen Haftungstatbestand.
§§ 675, 671 regeln, dass der Auftraggeben den Auftrag jederzeit
widerufen kann. Dies hat die Mandantin
wiederholt getan.
Zusammengenommen muss die Frage des Beginns und des Endes des
Mandatsverhältnisses und der Befugnis zur Vertretung des
Mandanten durch den Rechtsanwalt als Kernfrage der
Berufsausübung angesehen werden.
Ein Rechtsanwalt, der gegen den wiederholt und ernsthaft
erklärten Willen des Mandanten die Tätigkeit ein einem Mandat
fortsetzt, verstößt grob gegen eine grundlegende Pflicht aus dem
Auftragsverhältnis.
Sie treten als Rechtsanwalt nach
außen gegenüber dem Verwaltungsgericht weiterhin als Vertreter
Ihrer Mandantin auf, obwohl jene dies nicht will.
Sie setzen sich daher über deren Willen hinweg und führen die
Mandatsbearbeitung sogar mit umfassenden Schriftsätzen gegenüber
dem Gericht inhaltlich fort.
Sie haben sich zunächst schriftsätzlich damit verteidigt, die
Ihnen erteilte Vollmacht wirke nach den Regeln der
Zivilprozessordnung fort. Telefonisch wurden Sie von
Rechtsanwalt x.......darauf hingewiesen, dass dies im
Verwaltungsprozess nicht zutreffe.
Unabhängig davon könnten aber auch die Regeln über die
fortdauernde Zustellvollmacht aus §87 Abs. 1 ZPO kein anderes
Ergebnis rechtfertigen:
§87 Abs. 1 ZPO bestimmt, dass im Falle der Kündigung durch
den Bevollmächtigten dieser für den Vollmachtgeber so lange
weiter handeln darf, bis zur Wahrnehmung von dessen Rechten in
anderer Weise gesorgt ist.
Die Vorschrift des Abs. 1 fingiert ein Fortbestehen der
Empfangsvollmacht zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen
Rechtspflege.
Abs. 2 erweitert diese Fiktion im Interesse des Vertretenen auf
den Fall der Mandatskündigung durch den Rechtsanwalt.
Als Ausnahmevorschrift muss die Regelung eng ausgelegt werden
und es zeigt sich, das der umgekehrte Fall - naturgemäß - nicht
gemeint ist, sondern durch die oben nachgewiesenen Grundregeln
bereits gesetzlich gelöst ist:
Sie dürfen nicht gegen den Willen Ihrer
Mandantin handeln.
Objektiv ist Ihr Verstoß gegen die Pflicht, die Mandantin
gegen deren Willen zu vertreten, grob.
Nachdem Sie diese Tätigkeit trotz mündlicher Hinweise durch
die Abteilung fortgesetzt haben, ist auch von einem schuldhaften
Verstoß auszugehen.
Die Abteilung ist aber der
Auffassung, dass Ihre Schuld gerade noch als gering im Sinne des
§74 Abs. 1 BRAO angesehen werden kann, da sie angeben, im
Interesse der Mandantin zu handeln, bei der Sie davon überzeugt
sind, sie sei nicht mehr prozessfähig.
Die Abteilung belässt es daher bei einer Rüge und sieht von
einem Antrag auf Einleitung eines anwaltsgerichtlichen
Verfahrens ab.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid können Sie binnen eines Monats seit
Zustellung Einspruch beim Vorstand der Rechtsanwaltskammer....
einlegen.
Mit freundlichen kollegialen Grüßen
Beschwerdeabteilung III. x.... Vorsitzender
y.... Beisitzer
z.... Beisitzer
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